Der Klimaplan von unten hat den Anspruch, in all seinen Bereichen und Maßnahmen die Aspekte der globalen Gerechtigkeit und Intersektionalität mitzudenken. Da uns diese Aspekte jedoch besonders wichtig sind und wir sie auch mit einbeziehen wollen, wenn sie keine direkt messbar → Treibhausgase einsparenden Effekte haben, gibt es auch diesen Bereich. Da die Entscheidung hierfür aber recht spät fiel, ist er bislang weniger ausgearbeitet als andere. Wir freuen uns hier besonders auf eine rege Beteiligung aus vielen Perspektiven für die nächste Auflage!
Unsere Form zu leben und zu wirtschaften beruht zur Zeit auf Konkurrenz und damit dem Zwang immer mehr zu wachsen und billiger zu produzieren. Um dies gewährleisten zu können, werden natürliche Ressourcen und Menschen ausgebeutet und vom erschaffenen Wohlstand ausgeschlossen. Dieser Prozess vergrößert stetig die Schere zwischen arm und reich, sowohl innerhalb von Gesellschaften als auch bzw. besonders auf globaler Ebene. Profitieren tun hiervon meist Staaten im globalen Norden, welche ihre historisch gewachsene, oft mit bloßer Gewalt durchgesetzte, Machtposition durch (neo-)koloniale Unterdrückungs- und Abhängigkeitsstrukturen aufrechterhalten.
Im Kontext der Klimakrise ist der Gerechtigkeitsaspekt besonders essentiell, da die Staaten, welche historisch am meisten zur Klimakrise beigetragen haben und es noch immer tun (so gehört Deutschland zu den zehn Industrieländern weltweit, die zusammen 66 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verursachen), gleichzeitig die am wenigsten von den Folgen betroffen sind und sich, dank ihres durch Ausbeutung erworbenen Reichtums, am besten auf die Folgen einstellen können.
Da der Klimaplan von unten nicht nur auf Deutschland zugeschnitten ist, sondern auch hier erstellt wird, muss das, was hier als "von unten" gelten kann, aus globaler Perspektive häufig immer noch als privilegiert erkannt werden. Wir versuchen darum, mit emanzipatorischen Bewegungen aus besonders betroffenen Gebieten, die häufig im → globalen Süden liegen, in Kontakt zu sein, und ihre Perspektiven grundlegend mit in den Plan einfließen zu lassen.
Wie das Beispiel der globalen Gerechtigkeit zeigt, hat Klimagerechtigkeit sehr viel mit unterschiedlichen Betroffenheiten von unterschiedlichen Identitätskategorien zu tun, denn diese Verhältnisse werden auch aufrechterhalten, weil als weiß angesehene Menschen sich ihre Privilegien nicht bewusst machen. Aber auch die jüngeren Generationen – und mehr noch die nächsten – sind stärker betroffen als die älteren und jetzigen Generationen. Nicht in jedem Einzelfall, aber generell gesprochen sind auch Frauen mehr betroffen als Männer, arme Menschen mehr als Reiche etc.. All diese Aspekte zusammenzudenken wird mit dem Begriff Intersektionalität ausgedrückt. Dabei handelt es sich nicht um naturgegebene Ungleichheiten, sondern immer wieder kommt es zu einem "Weiter so!" durch die wenig(er) betroffenen Identitätskategorien, und damit zu einem Aufrechterhalten ungerechter Verhältnisse.
Für uns ist selbstverständlich, intersektionale Aspekte bei den Maßnahmen mitzudenken. Deshalb gibt es in jeder Maßnahme jeweils eine einzelne Sektion für möglicherweise bedenkliche Aspekte sowie dazu, warum diese Maßnahme aus intersektionaler Perspektive besonders hilfreich sein könnte – sprich: Warum sie wichtig erscheint, um eine emanzipatorische Gesellschaft zu erreichen.
Dennoch ist uns bewusst, dass bei den allermeisten Maßnahmen diese Berücksichtigung nicht offensichtlich ist. Das mag daran liegen, dass sie intersektionale Ungerechtigkeiten nicht berühren. Es mag aber auch daran liegen, dass die Diversität unter den Mitschreibenden bislang nicht ausreicht, um hier kritische Punkte zu erkennen. Darum laden wir sehr dazu ein, den gesamten Plan aus eigenen Betroffenheiten heraus kritisch zu kommentieren; besonders freuen wir uns über entsprechende Erweiterungen.