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Gerechte Reproduktion, Produktion und Konsumtion

Produkt- und Werberegulierung

Was ist das Problem?

Unternehmen in Wachstumsökonomien müssen auf einem Konkurrenzmarkt bestehen und richten daher ihr Handeln primär an der Generierung von Gewinnen aus, worunter die Sinnhaftigkeit oder Qualität der Produkte oft ins Hintertreffen geraten. Dies mündet in Unternehmensstrategien zur Steigerung der Nachfrage nach ihren Produkten. Die Nachfrage wird von wachstumsorientierten Unternehmen durch eine Kombination mehrerer Ansätze gesteigert, etwa eine hohe Frequenz in der Markteinführung neuer Produkte, die limitierte Verfügbarkeit von Einzel- und Ersatzteilen oder die Begrenzung der Lebensdauer von Produkten (geplante Obsoleszenz). Zum anderen wird der Absatz von Produkten und insbesondere von neu eingeführten Angeboten durch intensive Werbung befördert. Diese fördert darüber hinaus die ökologisch schädliche Konsum- und Wegwerfkultur und erschwert die Entwicklung suffizienter Konsummuster (→ Suffizienz).

Was ist die Maßnahme?

Anstelle eines möglichst hohen Produktabsatzes rückt der Fokus von Unternehmen mit Postwachstumsansätzen auf die Produktion ökologisch und funktional hochwertiger Produkte mit einer langen Lebensdauer. Unternehmenspraktiken wie ein weitgehender Verzicht auf Werbung, die Schaffung von Reparaturmöglichkeiten und individuelle Beratungsangebote ermöglichen und unterstützen die gesellschaftliche Etablierung eines suffizienten Lebensstils. (→ Suffizienz)

Wie kann die Umsetzung aussehen?

Um suffizienzorientierte Ansätze von Unternehmen zu fördern, können politische Weichenstellungen insbesondere an folgenden Stellschrauben ansetzen:

  • Begrenzung von Anreizen und Möglichkeiten der Platzierung von Werbung durch Aufhebung der direkten Steuerabzugsfähigkeit von Werbeausgaben
  • Verbot von Außenwerbung im Gemeingut des öffentlichen Raums (wie es bspw. in São Paulo, Brasilien, seit 2007 existiert) und stärkere Regulierung von Werbung in Medien, insb. Fernsehen und Social Media
  • reduzierter Mehrwertsteuersatz für Reparaturleistungen (wie er bspw. in Skandinavien bereits existiert)
  • Unterstützung der Produktion langlebiger und reparabler Produkte durch eine signifikante Verlängerung gesetzlicher Gewährleistungs- und privater Garantiezeiten
  • Stärkung von Reparaturmöglichkeiten, indem Unternehmen in die Pflicht genommen werden, Ersatzteile anzubieten und deren Nachbau durch Open-Source-Modelle zu ermöglichen
  • Verbot des vorsätzlichen Einbaus minderwertiger Ersatzteile (Geplante Obsoleszenz. am Beispiel Frankreichs).
  • Verbot von Lebensmittelvernichtung
  • Verbot kostenloser Retouren im Online-Handel
  • Förderung von Repair-Cafes und offenen Werkstätten
  • Werbeflächen/ Kapazitäten/ Fähigkeiten/… für (antikapitalistische) Aufklärung/ Interaktion zwischen Menschen/ Kunst und Kultur/… nutzen
  • Hersteller-Produktgarantie auf 5 Jahre ausweiten
  • Preiswerbeverbot für Lebensmittel auf allen Werbeträgern, die außerhalb vom Geschäft/Markt verteilt werden - Werbeblättchen, Onlineshops, Plakate, Broschüren usw.)
  • Werbeverbot von CO2-intensive (Fern)-Reise mit Flugzeug oder Kreuzfahrschiff
  • Unnötige Abweichung von Schnittstellenstandards sanktionieren (z.B. proprietäre Schrauben damit konventionelle Werkzeuge nicht funktionieren)
  • Verpflichtende Gewährleistung von Softwareupdates für Hardwareprodukte (Updates für Sicherheit & Funktionserhaltung) sowie Open Source Legung der Software bei Ende der Updates (fördert Weiternutzung durch Community-Projekte) -> Vorraussetzung für lange Nutzung von IT-Hardware
  • Patente abschaffen oder Laufzeiten stark verkürzen, um unnötige Mehrentwicklung zu vermeiden

Probleme sozialer, globaler oder Generationengerechtigkeit

  • Diese Regulierungen (siehe Umsetzung) dürfen nicht nur national gedacht werden. Es besteht sonst die Gefahr, dass die Unternehmen mit ihrer Profitlogik ins Ausland gehen, wo die Regulierungen nicht greifen. Dann passiert dort weiter Ausbeutung, Werbung und die Absetzung ihrer Produkte.
  • Hochwertige, langlebige und nachhaltig produzierte Produkte sind teuer und nicht alle können sie sich leisten. Subventionen, die bei Werbung und anderem wegfallen, könnten genutzt werden, um Produkte erschwinglicher zu machen.

Bezüge zu anderen Maßnahmen

Verminderung von Erwerbsarbeit: Wenn es weniger oder keine Arbeitsplätze mehr in der Werbebranche geben würde, könnte diese Arbeitskraft für andere "sinnvollere" Arbeit eingesetzt werden oder Menschen könnten generell weniger arbeiten.

Weiterführende Literatur, Quellen

  1. Research & Degrowth: Ye, We Can Prosper Without Growth (2015, abgerufen am 2.3.2020) https://degrowth.org/2015/05/15/yes-we-can-prosper-without-growth/
  2. Schmelzer, Matthias & Vetter, Andrea (2019): Degrowth/Postwachstum zur Einführung.

Diese Maßnahme steht unter der Lizenz „CC0 1.0 Universal Public Domain Dedication“