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Mobilitätsgerechtigkeit

Tempolimit

Was ist das Problem?

In ganz Europa und in allen Industrieländern weltweit gibt es durchgehende Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Landstraßen und Autobahnen. Deutschland ist hier die einzige Ausnahme, auf rund 70 % der Autobahnkilometern kann unbegrenzt schnell gefahren werden1]. Lediglich in wenigen weiteren Staaten, darunter Afghanistan, Haiti, Somalia und Nordkorea sind keine derartigen Geschwindigkeitsbegrenzungen festgelegt. Dabei könnte mit einem Tempolimit von 120 km/h auf Autobahnen sowie 80 km/h auf Landstraßen nach Einschätzung der Deutschen Umwelthilfe bis zu 5 Millionen Tonnen CO₂ eingespart werden. Keine andere Einzelmaßnahme im Verkehrsbereich birgt auch kurzfristig ein so großes und kostengünstiges CO₂-Einsparpotential.

Was ist die Maßnahme?

Die gesetzliche Einführung eines generellen Tempolimits auf Autobahnen von 120 km/h und eine Reduzierung des Tempolimits in außerorts auf 80 km/h und innerorts auf 40 km/h.

Wie kann die Umsetzung aussehen?

Die Umsetzung ist denkbar einfach. Durch einen entsprechenden Beschluss und die Verabschiedung eines Gesetzes könnte direkt und beinahe ohne Zeit- und Kostenaufwand ein generelles Tempolimit auf den Autobahnen in Deutschland eingeführt werden. Für eine mögliche Reduzierung des bestehenden Limits auf Landstraßen von nun 100 km/h auf 80 km/h und innerorts von aktuell 50 km/h auf 40 km/h gilt selbiges.

Wie wird damit dem Klimawandel entgegen gewirkt?

Der CO₂ Ausstoß von PKWs hängt maßgeblich von der gefahrenen Geschwindigkeit ab. Besonders bei höheren Geschwindigkeiten, wie sie auf Autobahnen gefahren werden, ist der Einfluss der Geschwindigkeit auf den Kraftstoffverbrauch und somit auch die CO₂-Emissionen erheblich. Die Ursache dafür sind simple physikalische Grundlagen. Der Luftwiderstand eines Fahrzeugs steigt mit dem Quadrat der Fahrgeschwindigkeit, dementsprechend steigt auch der Kraftstoffverbrauch bei einer Geschwindigkeitserhöhung quadratisch an. Das folgende Beispiel veranschaulicht diese Tatsache: Wenn sich die Geschwindigkeit eines durchschnittlichen PKW von 100 km/h auf 130 km/h erhöht, so steigen die CO₂-Emissionen um rund 10%. Eine weitere Erhöhung um nur 10 km/h also von 130 auf 140 km/h erhöht die Emissionen um weitere 10%! [2] Die Physikalischen Gesetze gelten natürlich unabhängig von der Antriebsart des Autos. Bei einem Elektroauto verhält es sich mit dem Stromverbrauch prinzipiell genauso wie mit dem Kraftstoffverbrauch eines herkömmlichen PKW. Der Stromverbrauch eines Elektroautos steigt bei höheren Geschwindigkeiten enorm an.

Die Deutsche Umwelthilfe geht – auf Basis der letzten veröffentlichten Berechnungen des Umweltbundesamtes und unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich um 25 Prozent erhöhten Verkehrsleistungen – von 5 km/h erhöhten Durchschnittsgeschwindigkeiten und einer verbesserten Befolgungsquote von Einsparungen in Höhe von bis zu 5 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr aus. Zu den Einsparungen eines Tempolimits auf Autobahnen kommen die momentan nur grob abschätzbaren CO₂-Einsparungen bei Einführung eines Tempolimits von 80 km/h auf Landstraßen.[3] Neben diesen unmittelbaren Einsparungen böte ein generelles Tempolimit in Deutschland mittel- und langfristig das Potenzial, dass Fahrzeuge zukünftig (unabhängig von weiteren politischen Lenkungsmaßnahmen) anders konstruiert und gebaut werden. Da Deutschland ein Autoland ist und Deutsche Autokonzerne einen Großteil ihrer Fahrzeuge exportieren, könnte solch eine durch ein Tempolimit eingeleitete Trendwende auch Effekte in anderen Ländern erzielen. Die durchschnittliche Motorisierung von Neuwagen in Deutschland steigt stetig an. Während im Jahr 1997 die Antriebsleistung im Schnitt noch 100 PS betrug, beträgt sie im Jahr 2017 bereits 152 PS. Ein Tempolimit kann diesem Trend entgegenwirken, da der Anreiz, hochmotorisierte Fahrzeuge zu bauen und zu kaufen, sinkt, wenn die Möglichkeit entfällt, hohe Geschwindigkeiten auch auszufahren.[3] Warum sollte jemensch ein Auto mit 200 PS kaufen, wenn er*sie die Leistung des Fahrzeugs nie ausprobieren geschweige denn nutzen kann? Ein Tempolimit könnte also dazu beitragen, dass Leichtbau und Sparsamkeit endlich wirklich in den Fokus der Fahrzeugentwicklung rücken. Auch könnte die → [Effizienz der Antriebe auf die limitierte Reisegeschwindigkeit hin optimiert werden.

Welche anderen Effekte hat die Maßnahme?

Ein generelles Tempolimit auf Autobahnen erhöht die Verkehrssicherheit. Es besteht ein fester Zusammenhang zwischen gefahrener Geschwindigkeit und Unfallhäufigkeit aber logischerweise auch zwischen der Geschwindigkeit und der Intensität eines möglichen Unfalls. Dies sind Tatsachen, die sich in realen Untersuchungen immer wieder bestätigen und im Hinblick auf die Grundlagen der Physik absolut logisch sind. Eine höhere Geschwindigkeit verringert die Reaktionszeit, die einer*einem Autofahrenden zum Einleiten von Maßnahmen um einen Unfall abzuwenden bleibt. Das kann zum Beispiel eine Bremsung oder ein Ausweichmanöver sein. Auch der Bremsweg eines Fahrzeugs erhöht sich bei höheren Geschwindigkeiten enorm. Bei Tempo 120 beträgt er bei einer Gefahrenbremsung 108 Meter. Bei Tempo 160 verlängert sich der Weg auf 176 m, bei 200 km/h sogar bis auf 260 Meter.3] Des weiteren erhöhen sich die Intensität und damit auch die Folgen eines möglichen Unfalls durch höhere Geschwindigkeiten stark. Grund hierfür ist die Tatsache, dass die Bewegungsenergie eines Fahrzeugs stets proportional zum Quadrat der Geschwindigkeit ist, mit dem es sich bewegt. Das bedeutet, dass sich die Energie, die bei einem Aufprall auf z.B. ein Stauende freigesetzt wird, bei einer Geschwindigkeitserhöhung um 25% (z.B. von 120 auf 160 km/h) nahezu verdoppelt, sie steigt nämlich nicht linear sondern quadratisch. Die Zahl der schweren Unfälle und Verkehrstoten könnte gesenkt werden. Das sagen nicht nur Verkehrsexperten, sondern es bestätigt sich auch in realen Untersuchungen. Eine Untersuchung des Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung des Landes Brandenburg ergab beispielsweise, dass die Einführung eines Tempolimits auf einem gut 60 km langen Abschnitt der A 24 die Zahl der Unfälle fast halbieren konnte.[3] Auf Autobahnen mit Tempolimit passieren pro Milliarde gefahrener Kilometer 75 Prozent weniger tödliche Unfälle als auf Autobahnabschnitten ohne Tempolimit. Auch die Anzahl der Schwerverletzten bei Unfällen könnte durch ein Tempolimit um 20 % gesenkt werden.[3] Das International Transport Forum (ITF) errechnet außerdem, dass durch eine Reduktion der Durchschnittsgeschwindigkeit auf Landstraßen und Autobahnen um nur 5 km/h die Häufigkeit tödlicher Unfälle um 18 bis 28 Prozent verringert werden könnte.[4] Ein Tempolimit auf Autobahnen würde zu einem besseren Verkehrsfluss und weniger Staus führen. Auf einer Autobahn ohne Geschwindigkeitsbegrenzung ist die durchschnittliche Geschwindigkeitsdifferenz der Fahrzeuge deutlich höher als auf einer Autobahn mit Geschwindigkeitslimit. Ein Tempolimit würde die Tempodifferenz verringern und zu einem stetigerem Verkehr mit weniger Staus führen. Ein verbesserter Verkehrsfluss erhöht nicht nur die Kapazität der Straßen[5], sondern verringert in der Summe auch den Treibstoffverbrauch und die CO₂-Emissionen im Verkehr. Nicht nur die CO₂-Emissionen, auch die Emissionen verschiedener Luftschadstoffe würden durch ein Tempolimit gesenkt werden. Dies hängt mit dem Effekt des besseren Verkehrsflusses zusammen. Ein Tempolimit würde auch zu einer leichten Reduktion des Straßenlärms führen (Umweltbundesamt 1999).

Wie lang dauert es, bis die Maßnahme Wirkung zeigt?

Die Wirkung auf die CO₂-Emissionen und die Verkehrssicherheit würden sofort eintreten. Die Lenkungswirkung in der Entwicklung neuer Fahrzeuge weg von immer leistungsstärkeren, schwereren und schnelleren PKWs, hin zu mehr → [Effizienz und Leichtbau könnte sich auch bereits sehr bald entfalten.

Weiterführende Literatur, Quellen

  1. Bundesanstalt für Straßenwesen: Tempolimits auf Bundesautobahnen 2015 (2017, abgerufen am 21.2.2020) https://www.bast.de/BASt_2017/DE/Publikationen/Fachveroeffentlichungen/Verkehrstechnik/Downloads/V1-BAB-Tempolimit-2015.pdf?__blob=publicationFile&v=5
  2. Umweltbundesamt Österreich: Höhere Geschwindigkeit führt zu höherer Umweltbelastung (abgerufen am 21.2.2020) https://www.umweltbundesamt.at/umweltsituation/verkehr/fahrzeugtechnik/pkw/tempo/
  3. Deutsche Umwelthilfe: Tempolimit (abgerufen am 21.2.2020) https://www.duh.de/tempolimit/
  4. ITF/OECD: Speed and Crash Risk (2018, abgerufen am 21.2.2020) https://www.itf-oecd.org/sites/default/files/docs/speed-crash-risk.pdf
  5. Scholz; Schmallowsky; Wauer (2007): Auswirkungen eines allgemeinen Tempolimits auf Autobahnen im Land Brandenburg. Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg. (https://mil.brandenburg.de/media_fast/4055/studie_tempolimit.pdf)
  6. BUND: Tempolimit auf Autobahnen (2019, abgerufen am 21.2.2020) https://www.duh.de/fileadmin/user_upload/download/Projektinformation/Verkehr/2019_Tempolimit/BUND_Tempolimit_Kurzinfo_final.pdf
  7. TAZ: „Das Tempolimit wird akzeptiert" (2020, abgerufen am 21.2.2020) https://taz.de/Ex-Verkehrssenator-ueber-Tempolimit/!5650395/

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