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Gerechte Landwirtschaft, Ernährungssouveränität und Waldnutzung

Von monokultureller Land- und Waldnutzung auf Mischkulturen, Agroforstsysteme und Mischwälder umstellen

Was ist das Problem?

Der Wald ist ein globales → Ökosystem welches neben der Aufrechterhaltung von essentiellen ökologischen Kreisläufen auch einen Lebensraum für diverse Pflanzen- und Tierarten sowie den Menschen bietet. Den Lebensraum stellt der Wald dabei nicht nur direkt zur Verfügung, sondern er ermöglicht ein Leben generell auf der Erde durch vielfältige Ökosystemfunktionen. Eine systemische Betrachtung ist hier also zwingend notwendig um dessen Komplexität in der Praxis gerecht zu werden. Betrachten wir den Wald weiter aus unterschiedlichen Disziplinen, werden, je nach Perspektive, sehr verschiedene Dinge und Nutzungsmöglichkeiten gesehen. Vom Wald als Holzlieferanten, über die Funktion eines Trinkwasserfilters bzw. -herstellers, bis hin zur Mountainbike-Strecke. Der Wald ist alles genannte, aber er wäre nichts ohne das Funktionieren als Ökosystem. Reduzieren wir ihn auf eine Funktion und ignorieren die Komplexität dieses Ökosystems, verliert er Stück für Stück erst andere Funktionen und letztendlich auch diese. Wie das erreicht werden kann, zeigt sich beispielsweise in Brandenburg und seinen monokulturellen Kiefernbeständen oder weltweit in der kompletten Vernichtung von über 13 Millionen Hektar Waldfläche pro Jahr (→ Monokultur). Die In-Wert-Setzung und damit einhergehende Vernichtung von Wald muss überwunden werden, ebenso wie auch eine tragfähige und möglichst alle Interessen einbeziehende Strategie entwickelt werden muss, um die Veränderung zu ermöglichen. Es braucht eine sozial-ökologische Transformation, um die herrschenden Verhältnisse zu überwinden. Im folgenden soll der Wald selbst genauer betrachtet werden und ein kurzer Überblick über Probleme, Stressoren und Lösungsansätze gegeben werden.

Der Wald in Deutschland ist immer noch geprägt von den Programmen zur Wiederaufforstung der 50er und 60er Jahre. Hauptziel war es, möglichst schnell den Rohstoff Holz nachwachsen zu lassen. Das geschah zu Lasten der Umwelt. Dafür ist Deutschland eines der waldreichsten Länder Mitteleuropas und hat entsprechende Möglichkeiten einen ökologischen Waldumbau zu gestalten. 32% der hiesigen Landesfläche sind Wald, der Anteil von Mischwäldern liegt dabei dem Bundesamt für Naturschutz nach bei nur 13%. Dominante Spezies bleibt die Fichte mit einem Anteil von 25%, gefolgt von einer weiteren Nadelbaumart: der Kiefer mit 22%. Es folgen Laubbaumarten wie Buche (15%) und Eiche (10%).

In Deutschland gelten 99% der Wälder als menschlich geprägt oder „semi-natural“. Entsprechend ist auch das deutsche Waldgesetz an erster Stelle auf den gesellschaftlich vermeintlich größten Nutzen fokussiert: den wirtschaftlichen. Das Wort nachhaltig kommt zwar recht oft vor, sollte aber hier genauer und kritisch betrachtet werden, denn gerade im Hinblick auf den besorgniserregenden Zustand der Wälder wirkt die sogenannte Nachhaltigkeit des Gesetzestextes wie auch der Forstwirtschaft oftmals sinnlos. Laut Waldzustandserhebung haben 2018 29% der Bäume eine deutliche Kronenverlichtung und weitere 43% befinden sich in der Warnstufe. Anders gesagt: Lediglich 28% der hiesigen Baumkronen sind ohne Verlichtung und entsprechenden Schaden. Hinzu kommt der Zustand des Waldbodens, welcher neben der Versauerung vor allem mit den erhöhten Einträgen von Ammoniak (NH2) und Stichstoffoxiden (NONH3) aus Nahrungsmittelproduktion und Tierhaltung zu kämpfen hat. Somit gibt es externe Faktoren, wie die erwähnte Nahrungsmittelproduktion und Tierhaltung, aber auch Verkehr, Energieproduktion etc., welche sich negativ auf den Wald und Waldboden auswirken. Doch der Wald selbst kann auch, mal besser mal schlechter, durch eigene → Resilienz und Puffersysteme auf externe Stressoren reagieren. Deutlich ist, ein monokultureller Wald kann dies wesentlich schlechter, so hat der bereits erfolgte Waldumbau hin zu Mischwäldern (zusammen mit den strengeren Luftreinhalterichtlinien) bereits einen positiven Effekt auf die Bodenversauerung erwirkt. Da Nadelwälder aber generell Versauerung und Basenverarmung des Waldbodens fördern, gilt es hier, weiter und konsequent anzusetzen.

Neben diversen Schadorganismen, die gerade den monokulturell geprägten Wäldern und im speziellen der Fichte massive Probleme bereiten, ist die Zerschneidung von Wäldern ein weiterer Stressor. Denn: „Die Landschaften und Wälder Deutschlands sind vielfach durch Gewerbegebiete, Wohnsiedlungen und zum Beispiel stark befahrene Straßen zerschnitten. Diese Strukturen bilden für viele Waldarten unüberwindbare Hindernisse, die ihnen den Weg in das benachbarte Waldgebiet versperren. Dies kann zu einer genetischen Verinselung und Verarmung der betroffenen Populationen führen.“ 1].

Zusammenfassend müssen für das Ökosystemen Wald diverse Lösungsansätze gefunden werden und der Waldumbau klar sozial-ökologisch ausgerichtet werden. Ein beständig steigender Holzbedarf muss dabei beachtet werden, doch die Anbaumethoden und die generelle Nutzung, sowie das Management des Waldes darf nicht mehr nach rein ökonomischen Kriterien erfolgen. Zu groß ist der entstandene Schaden und ohne eine klare sozial-ökologische Ausrichtung wird dieser auch nicht mehr zu beheben sein. Nur in einem funktionierendes Ökosystem kann der Mensch von den bereitgestellten Ressourcen und Leistungen profitieren, mit einem „weiter so“ sägen wir selbst am sprichwörtlichen Ast auf dem wir sitzen.

Was ist die Maßnahme?

Von monokultureller Land- & Waldwirtschaft auf Mischkulturen, Agroforstsysteme und Mischwälder umstellen.

Wie wirkt das dem Klimawandel entgegen?

In der monokulturellen Landwirtschaft sind große Mengen Düngemittel und Pestizide notwendig, um eine mangelhafte Fruchtfolge und die Anfälligkeit gegen Schädlinge zu kompensieren. Die Produktion von Düngemitteln und Pestiziden verursacht große Mengen → [Treibhausgase (THG). Für die sehr energieaufwändige Produktion von einer Tonne Stickstoffdünger werden ca. zwei Tonnen Erdöl gebraucht. Diese könnten eingespart werden, wenn Schädlingen durch Mischkulturen und dem Auslaugen der Böden durch adäquate Fruchtfolge und Schonjahre entgegen gewirkt wird. Monokulturen werden auch eingesetzt, da sie aufgrund ihres einheitlichen Erscheinungsbildes leichter mit Maschinen zu bearbeiten sind. Diese Maschinen werden allerdings auch mit fossilen Brennstoffen betrieben, welche bei Mischkulturen, die mit mehr menschlicher Arbeit bewirtschaftet werden, eingespart werden könnten.

Monokulturelle Wälder sind ebenfalls stärker von Schädlingen betroffen. Das Holz ist oft kurzlebig und speichert nur wenig CO2e ein. Zusätzlich wird bei Waldbränden, welche in monokulturellen Wäldern wahrscheinlich und häufig sind, viel CO2 freigesetzt. Mischwälder speichern mehr Wasser, fördern Unterwuchs, welcher ebenfalls CO2 einspeichert, und den ebenfalls CO2 bindenden Hummusaufbau fördert. Zudem ist ein höherer Laubholzanteil (da Nadelbäume in unseren Breiten sowieso natürlicherweise nur an Marginalstandorten vorkommen) anzustreben. Laub-Mischwälder sind → resilienter, besser an das vorherrschende Klima angepasst und stellen zudem innerhalb des Waldes ein um einige Grad kühleres Mikroklima her. Des weiteren sollte auf einen erhöhten Anteil alter Bäume (diese speichern besonders viel CO2) und eine Durchmischung sowohl der Baumarten als auch des Alters der Bäume geachtet werden.

Agroforstsysteme können als mehrjährige Kulturen sogar CO2 langfristig speichern. Dadurch, dass die Bäume in Agroforstsystemen mehrere Jahre stehen bleiben und nicht wie einjährige Gemüsepflanzen komplett sterben, kann das CO2, dass sie durch Photosynthese der Luft entziehen, langfristig der Atmosphäre entzogen werden. Zusätzlich ergeben sich positive Auswirkungen für die Böden und insbesondere Schutz gegen Erosion und eine Verbesserung des lokalen Wasserhaushalts.

Wie lange dauert es, bis der einsparende Effekt Wirkung zeigt?

Bei Mischwäldern so lange, bis die Bäume die entsprechende Größe erreicht und CO2 eingebaut haben. In Bezug auf Bäume wird ab der Anpflanzung CO2 gebunden, allerdings verstärken sich der positive Effekte (sowie die Menge des pro Jahr gebundenen CO2) mit steigender Anbauperiode der neuen Kulturen. Bei Mischkulturen, die auf Pestizide und Düngemittel verzichten, ab dem ersten Verzicht.

Welche anderen Effekte hat die Maßnahme?

  • Es kann enger gepflanzt werden, wenn keine bzw. weniger andere Maschinen genutzt werden. Der Ertrag pro Hecktar erhöht sich, wodurch insgesamt weniger Fläche benötigt wird. Hierfür bräuchte es Unterstützung der Landwirt*innen durch mehr Arbeitskräfte.
  • Die Artenvielfalt steigt auf den Anbauflächen, sowohl durch mehr verschiedene Nutzpflanzen, als auch durch mehr Tiere, die auf diesen leben können (z.B. Insekten und Amphibien).
  • Der Verzicht auf Pestizide verhindert auch die Kollateralschäden, wie das Artensterben und Gesundheitsrisiken.
  • Da das einheitliche Erscheinungsbild der Pflanzen nicht mehr von Bedeutung ist, müssen keine genetischen Klone eingesetzt werden, was die Anfälligkeit gegenüber Schädlingen wiederum senkt.
  • Weniger Bodenverdichtung durch schwere Maschinen.
  • Sehr effektiver Schutz vor Bodenerosion und → Bodendegradation.
  • Die Grundwasserneubildung wird unterstützt und gefördert.

Wie kann sie umgesetzt werden?

  • Das Wissen über positive Effekte veränderter Anbausysteme ist vorhanden (in der Forschung), im Wesentlichen geht es darum, es umzusetzen. Hilfreiche Maßnahmen sind die Umschichtung von → Subventionen hin zu Mischkulturen oder zusätzliche Fördermittel für den Umbau.
  • Das Wissen für den Einsatz von Mischkulturen und Agroforstsystemen und somit auch der Verzicht auf synthetische Düngemittel und Pestizide muss Bäuer*innen vermittelt werden. Dies muss möglichst barrierearm stattfinden.
  • Die Bäuer*innen müssen neu mit Werkzeug ausgestattet werden.

Weiterführende Literatur und Quellen

  1. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft: Waldbericht 2017, S. 61 (2017, abgerufen am 22.2.2020) https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Broschueren/Waldbericht2017Langfassung.pdf?__blob=publicationFile
  2. Anja Banzhaf (2016): Saatgut. Wer die Saat hat, hat das Sagen. München: oekom Verlag.
  3. Bundesamt für Justiz: Bundeswaldgesetz (1975, abgerufen am 22.2.2020) https://www.gesetze-im-internet.de/bwaldg/BJNR010370975.html#BJNR010370975BJNG000100319
  4. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft: Der Waldzustand in den Bundesländern (2018, abgerufen am 22.2.2020) https://www.bmel.de/DE/Wald-Fischerei/Waelder/_texte/Waldzustandserhebung.html#doc3617160bodyText5
  5. Bundesamt für Naturschutz: Forstwirtschaft und Wälder (2016, abgerufen am 22.2.2020) https://www.bfn.de/infothek/daten-fakten/nutzung-der-natur/forstwirtschaft-und-waelder/ii-31-1-waldformen-in-dl.html
  6. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft: Waldböden in Deutschland (2018, abgerufen am 22.2.2020) https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Broschueren/Waldboden-Bodenzustandserhebung.pdf?__blob=publicationFile

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