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Energiedemokratie

Grundeinkommensmodellprojekt zur Begleitung des Braunkohleausstiegs

Was ist das Problem?

Beim Braunkohleausstieg wurde und wird immer noch beispielhaft erlebbar, wie ökologische und soziale Belange gegeneinander ausgespielt werden. Dies führt zur Spaltung der Gesellschaft und zu großen Widerständen, auch aus der Bevölkerung. Einem frühen Ausstieg wird also nicht nur mit der umstrittenen Argumentation der Energieversorgungssicherheit [1], sondern insbesondere durch sozialpolitische Stimmungsmache [2] entgegengewirkt. Somit werden die weitere Braunkohleverstromung und die dabei entstehenden CO2-Emissionen gesellschaftlich legitimiert. Auch im Strukturstärkungsgesetz für die Kohleregionen, welches den Ausstieg begleitet, liegt der Fokus darauf, Arbeitsplätze zu schaffen. Damit wird wieder Geld nach dem → Trickle Down Prinzip in die Wirtschaft gegeben, von der die Menschen abhängig sind und, die sie nicht aktiv mitgestalten können.

Was ist die Maßnahme?

Der Ausstieg aus der Braunkohle soll mit einem ersten Modellprojekt zum → Bedingungslosen Grundeinkommen verknüpft werden. Statt Konzerne zu subventionieren - aktuell sind 40 Milliarden für den Strukturwandel eingeplant [3] und 4,35 Milliarden Euro sollen die Konzerne als Entschädigung erhalten [4][5]

  • soll direkt in die Bevölkerung investiert werden, um etwas lokal von unten, durch die Bevölkerung selbst, wachsen zu lassen [6].

Wie kann die Umsetzung aussehen?

Ein begleitendes Grundeinkommens-Modellprojekt kann auf unterschiedliche Art und Weise umgesetzt werden. Schon ein Projekt im kleinen Rahmen kann dazu beitragen, sich mit aktuellen Fragen zum Erhalt von Arbeitsplätzen mit allen Mitteln auseinanderzusetzen und einen Bewusstseinswandel zu befördern. Auch kann es Anstoß sein, die Maßnahme auszuweiten und somit als Motor für wichtige Veränderungen zu dienen. Ein Beispiel könnte schon ein Dorf oder Stadtteil in einem vom Braunkohleausstieg betroffenen Gebiet sein, deren Einwohner*innen alle für fünf Jahre ein Grundeinkommen von beispielsweise 1000 Euro monatlich erhalten sein. Bei 1.000 Beziehenden würde dies über die gesamte Zeit etwa 60 Millionen Euro kosten (also gerade mal 1,68 Prozent der geplanten Entschädigungen für die Konzerne). Bezogen auf eine Kleinstadt oder mehrere Stadtteile mit ca. 50.000 Menschen betrügen die Kosten - Einsparungs- und Mehreinnahmeeffekte noch nicht berücksichtigt - etwa drei Milliarden Euro. Wichtig bei der Umsetzung ist, dass nicht nur (ehemalige) Braunkohlebeschäftigte das Grundeinkommen erhalten sollen, sondern alle Menschen in der ausgewählten Region. Dies ist notwendig, um den Menschen, die bereits ihren Job verloren haben, gerecht zu werden, aber auch um eine weitere soziale Spaltung zwischen Befürworter*innen und Gegner*innen der Braunkohleindustrie entgegenzuwirken. Außerdem sind somit ganz andere soziale und auch wirtschaftliche Interaktionen durch das Grundeinkommen zu erwarten. Eine ausführlichere beispielhafte Beschreibung ist auf der Seite der Initiative BGE statt Braunkohle zu finden.

Wie wird damit dem Klimawandel entgegengewirkt?

Durch die finanzielle Absicherung der Menschen schwindet die Angst vor dem Braunkohleausstieg und somit das Hauptargument, weiterhin Braunkohle zu verstromen. Je nach Projektgröße können ggf. mehr Menschen erreicht werden als durch Maßnahmen zur Schaffung von “Ersatz-Arbeitsplätzen”. Außerdem kann ein Grundeinkommen zu einem generellen Bewusstseinswandel in Hinblick auf unsere Arbeitskultur beitragen und die Arbeitsplatzsicherheit als Totschlagargument für gesellschaftliche Veränderungen aushebeln. Schließlich ist die Braunkohleindustrie nur eines von vielen Beispielen dafür, wie viel Geld in Konzerne investiert wird um Arbeitsplätze zu erhalten, und somit weiterhin umweltschädliche Praktiken fortzuführen. So ist im Strukturstärkungsgesetz, welches den Braunkohleausstieg begleitet, beispielsweise auch als Ziel formuliert, den Automobilsektor im Mitteldeutschen Revier zu stärken[7]. Solchen, von der Bundesregierung gesteuerten Maßnahmen, könnte künftig entgegengewirkt werden, wenn der bloße Erhalt von Arbeitsplätzen nicht mehr als ausschlaggebendes Kriterium gilt. So könnte das Projekt als Beispiel für andere Wirtschaftsbereiche dienen und sozialpolitische Veränderungen begleiten, die ökologisch notwendig sind, oder sogar als Übergang für ein bundesweites → Bedingungsloses Grundeinkommen gelten. Durch ein flächendeckendes Grundeinkommen würden Arbeitsplätze und deren Relevanz grundsätzlich nach anderen Kriterien bewertet werden. Damit werden die einzelnen Bürger*innen abgesichert und darin bestärkt, eigenständig für ihre Ideale und auch die Entwicklung in der Region einzustehen. Als Beispiel im Energiesektor, wozu ambitionierte Bürger*innen in der Lage sind, kann die EWS Schönau herangezogen werden (10). Durch ein BGE könnten insbesondere solche idealistischen Projekte gefördert werden. Weiterhin schafft eine finanzielle Absicherung Sicherheit, nimmt den Menschen Sorgen und Zukunftsängste. Angst verursacht Stress. Damit sind wir dauerhaft in Alarmbereitschaft und laufen wie mit Scheuklappen fokussiert auf unsere akut anstehenden Probleme und die Sicherung unserer eigenen Existenz durch die Welt. Somit blenden wir Folgen, die andere Menschen (beispielsweise im Globalen Süden) betreffen, oder erst in ferner Zukunft spürbar werden (beispielsweise durch den Klimawandel bedingt) aus. Daher ermöglicht eine gesicherte → Existenzgrundlage mehr Weitsicht, mehr Engagement und kritische Auseinandersetzung mit schwierigen Themen, bei denen man sich ggf. auch selbst infragestellen muss. So ist beispielsweise auch mit einem bewussteren Konsum (mehr bio- und regionale Produkte) durch ein Grundeinkommen zu rechnen (11). Somit geht das Potenzial der Maßnahme auch über die Einsparungseffekte durch einen früheren Braunkohleausstieg hinaus.

Welche anderen positiven Effekte hat die Maßnahme?

Durch die Verringerung von Stress wirkt sich ein BGE positiv auf die Gesundheit und die Zufriedenheit der Menschen aus. Weiterhin geht es Hand in Hand mit einer möglichen Arbeitszeitreduzierung, was unter anderem die Ausübung von Ehrenämtern oder die Beteiligung an demokratischen Prozessen begünstigen kann. Insgesamt kann es als emanzipatorisch für die Bevölkerung angesehen werden.

Wie schnell kann die Maßnahme umgesetzt werden und wie lange dauert es, bis sie Wirkung zeigt?

Mit politischem Willen könnte die Maßnahme direkt umgesetzt werden. Die finanziellen Mittel für den Braunkohleausstieg sind ohnehin für den Strukturwandel geplant. Je nachdem, wie fest diese bereits für verschiedene Maßnahmen festgelegt sind, könnten übrige Mittel noch für das Projekt verwendet werden. Ggf. können auch Fördergelder aus anderen Töpfen dafür genutzt werden.

Bezüge zu anderen Maßnahmen?

Die Maßnahme kann eine von mehreren Möglichkeiten sein, um ein flächendeckendes → Bedingungsloses Grundeinkommen einzuführen (Siehe dazu Bedingungsloses Grundeinkommen). Daneben kann die Maßnahme durch den emanzipatorischen Ansatz als begünstigende Voraussetzung für viele weitere Maßnahmen betrachtet werden.

Weiterführende Literatur, Quellen

  1. MDR: Wind und Sonne können Europa zu 100 Prozent versorgen (2019, ) https://www.mdr.de/wissen/umwelt/studie-iass-erneuerbare-energien-koennen-europa-versorgen-100.html
  2. IGBAU: Kohleausstieg: Hunderten Industriereinigern droht Jobverlust (2020, abgerufen am 07.02.2020) https://igbau.de/Kohleausstieg-Hunderten-Industriereinigern-droht-Jobverlust.html
  3. Presse- und Informationsamt der Bundesregierung: Pressemitteilung Nummer 21/20 vom 16. Januar 2020 (2020, abgerufen am 07.02.2020) https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/B/bund-laender-einigung-zum-kohleausstieg.pdf?__blob=publicationFile&v=8
  4. ZDF: Was das Kohle-Gesetz regelt - und was nicht (2020, ) https://www.zdf.de/nachrichten/politik/gesetz-kohleausstieg-kabinett-100.html
  5. Bundesamt für Wirtschaft und Energie: Entwurf eines Gesetzes zur Reduzierung und zur Beendigung der Koh-leverstromung und zur Änderung weiterer Gesetze (Kohleausstiegsge-setz) () https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/G/gesetzentwurf-kohleausstiegsgesetz.pdf?__blob=publicationFile&v=8
  6. BGE statt Braunkohle: Menschenwürdiger Strukturwandel, geht das? (abgerufen 13.02.2020) https://bge-statt-braunkohle.de/
  7. Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie: Entwurf eines Strukturstärkungsgesetzes Kohleregionen (2019, abgerufen 13.02.2020) https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/E/entwurf-eines-strukturstaerkungsgesetzes-kohleregionen.pdf?__blob=publicationFile&v=12

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