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Dezentrale Energieerzeugung mit Wasserkraft

Was ist das Problem?

Der Ausbau erneuerbarer Energien stagniert in Deutschland, teilweise kommt es sogar zu Rückbau .

Der Anteil der erneuerbaren Energien am → Bruttostromverbrauch steigt zwar seit Jahren, jedoch mit immer geringeren Zuwachsraten. Die Anzahl der im Sektor erneuerbare Energie Beschäftigten sinkt seit 2012 kontinuierlich, ebenso die Anzahl der Patentanmeldungen. Die → Investitionen in erneuerbare-Energien-Anlagen und der Nettozubau an installierter Leistung zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien scheinen sich nach einem Einbruch 2011 auf die Zeit vor 2009 einzupendeln.[1]

Werden die die unterschiedlichen Energieträger im 10-Jahres-Vergleich betrachtet, fällt auf, dass die Bruttostromerzeugung aus Wasserkraft sich als einzige Erzeugungsart negativ entwickelt hat und um 2,5 Prozentpunkte gefallen ist.[1] Gab es in den 2000er Jahren noch eine Art Goldgräber*innenstimmung im Bereich der erneuerbaren Energien, so hat sich dies jetzt offensichtlich erledigt.

Es gibt kaum mehr Möglichkeiten neue Anlagen zu bauen – die traurigste Nachricht aber ist, dass sogar bereits gebaute Anlagen, die CO2-freien Strom produzieren und einen Beitrag zur → Energiewende leisten – stillgelegt und rückgebaut werden sollen. Denn viele Anlagen, vor allem solche in kommunaler Hand, sehen sich heute hohen → Investitionen gegenüber, deren Finanzierung fraglich ist.

Es handelt sich hierbei um Kleinwasserkraftanlagen, die meist an alten bestehenden Mühlenwehren gebaut wurden und lokale Ökonomien oder Gemeinden → dezentral mit Strom versorgen konnten. Als Grund für den geforderten Rückbau genannt wird die Forderung nach Durchgängigkeit, wie sie in der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie vorgegeben ist. Dass die Durchgängigkeit an Gewässern heute im Zuge vielfältiger Renaturierungen an Flüssen ein Muss ist, ist vielen Wasserkraftbetreiber*innen klar und es gibt aus dieser Richtung große Bestrebungen die Durchgängigkeit umzusetzen. Da dies aber mit immens hohen Kosten verbunden ist, wäre die Anlage nicht mehr rentabel zu betreiben.

Trotzdem muss es möglich sein, Natur- und Klimaschutz zu verbinden und beides zu ermöglichen: CO2-freie Energieerzeugung und Schutz der aquatischen → Ökosysteme. Dazu gibt es bereits viele gute Beispiele von wirklich ökologischen und durchgängigen Wasserkraftwerken, die jedoch in der öffentlichen Wahrnehmung zu wenig präsent sind. Die derzeitige nicht durchdachte (und sehr beängstigende) Alternative ist es, große zentrale Anlagen zu bauen und überregionale Hochspannungsnetze auszubauen.

Was ist die Maßnahme?

Die Maßnahme ist, im ersten Schritt Bewusstsein für die Vorteile der lokalen Kleinwasserkraft zu entwickeln und damit das Thema in der Bevölkerung sichtbar zu machen. Dabei müssen auch die Durchgängigkeit betreffende Themen offen diskutiert werden, um gemeinsam beste Lösungen zu finden. Der Ruf nach Durchgängigkeit kann nicht ausreichend sein dafür, tausende Anlagen stillzulegen, die bereits heute (und seit vielen Jahrzehnten) einen Beitrag zur CO2-freien Energieproduktion leisten. Dezentrale Energiequellen ohne Alternativkonzept stillzulegen ist nicht im Sinne der → Energiewende. Es sollte lieber an Lösungen gearbeitet werden, wie die Energie weiterbestehen kann. In einem zweiten Schritt steht an, sich über mögliche alternative Betreibermodelle für die Anlagen Gedanken zu machen, um dem Wasserkraftsterben entgegenzuwirken. Die Infrastruktur ist schließlich schon da. Es braucht Nutzer*innengruppen mit Weitsicht und starke kommunale Betreiber*innen wie zum Beispiel HelelandKraft in Norwegen.[2] Die Kleinwasserkraft schont fossile Energieträger auf verschiedenen Ebenen: Zum einen ersetzt sie konventionell produzierten Strom aus Kohle, Gas oder Uran und zum anderen ist sie selbst während des Baus und im Betrieb ressourcenschonend und weitestgehend klimaneutral. Aus diesem Grund sollte die Wasserkraft  nicht verschwinden, zumindest nicht bis ihre oben genannten Vorteile tatsächlich von nachhaltigen Alternativen erfüllt werden können.

Wie kann die Umsetzung aussehen?

  • Appell an Politik und Verwaltung, die kleine Wasserkraft im Bestand nicht kaputt zu machen, solange keine nachhaltige dezentrale Alternative zur Stromerzeugung vorliegt.
  • Subventionen von klimaschädlichen Energieerzeugungsarten wie Kohle und Atomstrom hin zu erneuerbaren Energien umlenken. Warum sind wir über unsere Steuern gezwungen, diese alten konventionellen Energieträger noch weiter zu finanzieren, wo wir doch die Energiewende wollen?
  • Gute Beispiele, wo Klima- und Naturschutz Hand in Hand gehen, sammeln und öffentlich machen. Es kann nur eine Zukunft geben, wenn wir beides schützen.
  • Derzeit erarbeiten einige Bundesländer ihre Klimaschutzgesetze. Dort muss unbedingt verankert werden, dass bestehende Anlagen einen Bestandsschutz genießen und gemeinsam an der Durchgängigkeit gearbeitet wird.

Welche anderen Effekte hat die Maßnahme?

Wie die Studie von Prof. Dr. Zdrallek von der Uni Wuppertal zeigt, können durch die Dezentralität von Kleinwasserkraftwerken immens hohe Netzausbaukosten vermieden werden und dadurch Großbaustellen wie Südlink teil-vermieden werden [3] . (Siehe auch: andere positive Effekte durch die Maßnahme!)

Die Nutzung (nicht Verbrauch!) des lokalen Rohstoffes Wasser in Wasserkraftwerken erfüllt neben der dezentralen CO2-freien Stromproduktion, den Netzdienstleistungen und der → Grundlastfähigkeit auch Ökosystemleistungen dar, wie die Rückhaltung des Gewässers und damit Vernässung von Auen und Mooren (Regulation); sie bildet zudem ein Habitat für Wassertiere und Vögel und erbringt kulturelle Dienstleistungen wie Natur- und Kulturerbe [4]. In kleinen und mittelständischen Betrieben in ländlichen Gegenden, die von Wasserkraftstrom gespeist werden, werden lokale Arbeitsplätze gesichert. Einige der im Land verteilten Wasserkraftwerke werden derzeit mit E-Tankstellen ausgestattet – d.h. es kommt dort tatsächlich grüner Strom aus der Dose.

Probleme sozialer, globaler oder Generationengerechtigkeit

Unbedingt erwähnt werden muss unsere globale Verantwortung bei der Umsetzung der → Energiewende in Deutschland. Denn es kann nicht das Ziel der Sache sein, die Energiewende mit seltenen Erden und Rohstoffen aus ressourcenreicheren Ländern, die jedoch stärker von Armut betroffen sind, umzusetzen. Bei der Wasserkraft werden nur lokale Rohstoffe und natürliche Ressourcen genutzt: das Wasser.

Weiterführende Literatur, Quellen

  1. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi): Erneuerbare Energien (abgerufen am 01.03.2020) https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Dossier/erneuerbare-energien.html
  2. ElektrizitätsWerke Schönau (EWS): Jahresbericht 2019 (2019, abgerufen am 01.03.2020) https://www.ews-schoenau.de/
  3. Zdrallek, Markus: Netztechnischer Beitrag von kleinen Wasserkraftwerken zu einer sicheren und kostengünstigen Stromversorgung in Deutschland. (2018, abgerufen am 01.03.2020) http://www.wasserkraft-deutschland.de/fileadmin/PDF/Gutachten_Netztechnischer_Beitrag_Kleinwasserkraftwerke.pdf
  4. River Ecosystem Service Index (RESI): Ecosystem Services (2020, abgerufen am 01.03.2020) https://www.resi-project.info/en/ecosystem-services/?noredirect=en_US
  5. Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien-Statistik (AGEE-Stat): Zeitreihen zur Entwicklung der erneuerbaren Energien in Deutschland (Dezember 2019, abgerufen am 01.03.2020) https://www.erneuerbare-energien.de/EE/Redaktion/DE/Downloads/zeitreihen-zur-entwicklung-der-erneuerbaren-energien-in-deutschland-1990-2018.pdf?__blob=publicationFile&v=24
  6. Statista: Erneuerbare Energien in Deutschland (abgerufen am 01.03.2020) https://de.statista.com/statistik/studie/id/6334/dokument/erneuerbare-energien-in-deutschland-statista-dossier/
  7. International Hydropower association: Hydropower Sustainability Assessment Protocol (2018, abgerufen am 01.03.2020) https://www.hydropower.org/topics/featured/hydropower-sustainability-assessment-protocol

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